Room for Improvement – digital wie real

Dieses Projekt schafft Möglichkeiten digitale Lehre und Betreuung vor Ort mit möglichst großem Mehrwert zu kombinieren. Neue Inhalte werden in dieser eigens entwickelten Lernplatform mit Hilfe einer kontinuierlichen Abfolge kurzer Videos, die neue Inhalte in wenigen Minuten vorstellen, und dazugehöriger interaktiver Aufgaben vermittelt, ein Learningflow. Die ungewohnt hohe Wechselfrequenz zwischen neuen Inhalten und deren Anwendung schließt lange Passivphasen aus, wodurch die Konzentration gesteigert werden kann. Da immer eine aktive Anwendungsphase direkt auf die Vorstellung des neuen Inhaltes folgt, wird sichergestellt, dass die Lernende alle Inhalte durchdenkt, verankert und somit höhere Taxonomiestufen erreicht. Die gewonnene Zeit der Lehrenden ermöglicht eine Intensivierung der Präsenzbetreuung. Hier sollen Diskussionen in kleinen Gruppen und Einzelgespräche Lernende individuell förden. Die Lernplatform soll aufgrund ihrer schlichten Gestaltung nicht vom Inhalt ablenken, unterstützt die Lehrmethode Learningflow und bietet einen interaktiven Aufgabentyp, in dem Lernende mathematische Ausdrücke aus Elementen selbst aufbauen können. Das Projekt wurde gefördert von zentralen Studienzuschüssen der TUM im Rahmen des Ideenwettbewerbs Studienbezogene Verstärkung der Exzellenzstrategie.

Aufgabe im Learningflow

Drei Ziele für die Lehre von Morgen

Mit dem Room for Improvement werden die folgenden drei Ziele in der Lehre angestrebt:

  1. Die Zeit der Lehrenden bietet möglichst großen Mehrwert für das Lernen der Studierenden.
  2. Studierende werden von neuem Wissen über die Anwendung bis zur Reflexion begleitet.
  3. Studierende können in einem Raum lernen, der für sie besonders gute Rahmenbedingungen bietet.

Video im Learningflow (mit dem LightBoard aufgenommen)

Probleme

Lehrende halten Jahr für Jahr nahezu die gleichen Veranstaltungen. Für Vorlesungen und Zentralübungen ist der Frontalunterricht die dominierende Unterrichtsform. Hier ist der Dozent aktiv, trägt Inhalte vor, und der Student, vorwiegend passiv, versucht Inhalte aufzunehmen. Oft ist die Zentralübung zum gleichen Thema zu spät, um die Inhalte aus der Vorlesung zu festigen, da Studierende sich unter anderem wegen des großen Abstands nicht mehr genau an die Inhalte erinnern können. Neuere Ansätze versuchen Studierende bereits in der Vorlesung aktiv werden zu lassen, damit sie höhere Taxonomiestufen erreichen. Die dafür verwendeten Live-Abstimmungssysteme nehmen allerdings viel Zeit der Vorlesung ein. Auch benötigt jeder Student unterschiedlich lange, um mit der Frage der Live-Abstimmung zurecht zu kommen. Überspitzt formuliert ist die Geschwindigkeit in der realen Vorlesung selbst im Optimalfall für alle Studierenden falsch: Für die einen zu schnell, für die anderen zu langsam. Oder fast äquivalent, für die einen zu schwer, für die anderen zu leicht. Doch gerade der passende Schwierigkeitsgrad, die erreichbaren Herausforderungen, ist für die Motivation des einzelnen Studenten von großer Bedeutung. Ein weiteres Problem sind zeitliche Überschneidungen von Präsenzterminen. Grund hierfür ist besonders in Garching, dass keine einheitlichen Zeitfenster für Veranstaltungen gelten und Studierende Module fakultätsübergreifend wählen können.

Aufgabe im Learningflow

Lösungsansätze

Digitaler Room for Improvement

Um die beschriebenen Probleme zu eliminieren und die Lehre in Richtung der oben aufgelisteten Ziele zu entwickeln, kann im RfI ein interaktiver Online-Kurs nach unserem Leitbild aktivierende Lehre und aktives Lernen erstellt werden. Anders als im traditionellen Format – mit 1.5 h Vorlesung und 45 min Übung – wird im Learningflow nach wenigen Minuten Video mit neuem Inhalt eine kleine Aufgabe zum entsprechenden Thema gestellt. Durch diese deutlich höhere Wechselfrequenz zwischen neuem Inhalt und Anwendung dringt die Lernende schneller in höhere Taxonomiestufen vor. Sie wendet die Inhalte an, durchdenkt sie und überprüft selbst, ob sie die neuen Inhalte wirklich verstanden hat. Stellt die Aufgabe eine noch zu große Hürde für die Lernende dar, kann sie das letzte Video noch einmal anschauen. Die Wechselfrequenz passt sich den Themen an, sodass mit einem Inhaltsvideo ein kleines Teilthema in sich abgeschlossen ist. Der häufige Wechseln zwischen Informieren und Verarbeiten soll dabei ohne technische Pausen in einem Lernfluss stattfinden.

Das neue Konzept stellt einen Schritt in Richtung unseres Leitbilds Individualität für erfolgreiche Lehr- und Lernprozessedar: Der Online-Kurs kann zu jeder Zeit bearbeitet werden, sodass zeitliche Überlappungen im Stundenplan nicht auftreten. Jede Lernende kann den Kurs in ihrer individuellen Geschwindigkeit bearbeiten, sich bei den Aufgaben entsprechend Zeit lassen, die Videos pausieren oder in schnellerer Geschwindigkeit anschauen und bei Bedarf das Skript oder Bücher hinzuziehen. Gerade bei Studierenden mit unterschiedlichem Vorwissen eignet sich das Konzept, um zu Beginn des Kurses alle auf einen Stand zu bringen. Einleitende Kapitel, die vorausgesetzte Inhalte wiederholen, können ausgebaut werden, da jede Studentin, die alle vorausgesetzten Inhalte erfüllt, diese überspringen kann bzw. je nach ihrem Stand unterschiedlich schnell abarbeiten kann.

Realer Room for Improvement

Gespräche mit Studierenden, die Vorlesungen trotz hochqualitativer Unterrichtsmaterialien wie Skript, Aufgaben mit ausführlichen Lösungswegen und Aufzeichnungen von Vorlesung und Zentralübung besuchten, zeigen vor allem die folgenden drei Qualitäten einer Präsenzveranstaltung im Vergleich zur virtuellen auf:

  1. Präsenzveranstaltungen führen zu einem strukturierten Wochen- und Tagesablauf, was unter anderem auch hilfreich für die Motivation ist.
  2. Das soziale Miteinander mit Kommilitoninnen trägt zur Motivation und dem inhaltlichen Vorankommen bei.
  3. Der persönliche Bezug zu den Lehrenden fördert die Motivation und lädt zum vermehrtem Fragen bei unklaren Sachverhalten ein.
Um diese Aspekte bei der Umstellung auf einen Online-Kurs nicht zu vernachlässigen und um dem Ziel des Mehrwerts durch die Lehrenden näher zu kommen, wird Lernen im realen Room for Improvement ermöglicht. Zu den bisherigen Zeiten der Vorlesung und Zentralübung stehen die Lehrenden den Lernenden zur Seite und unterstützen unter anderem beim selbstständigen Lernen, regen Diskussionen an und beantworten Fragen. Die letzten Taxonomiestufen können z.B. bei Besuchen der Labore des Lehrstuhls im gemeinsamen Gespräch über aktuelle Forschungsprojekte erreicht werden.

Im Room for Improvement gibt es kein Vorne oder Hinten, wie es beim Frontalunterricht nötig wäre. Unterschiedliche Arbeitsplätze bieten Auswahlmöglichkeit für Lernende. Neben Arbeitsplätzen für das Selbststudium laden Gruppentische und Tafeln zu Diskussionen ein.